Metamorpose, Häutung und achtsames Fotografieren

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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Werner Buschmann
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Metamorpose, Häutung und achtsames Fotografieren

Beitragvon Werner Buschmann » 29. Apr 2017, 20:18

Metamorphose, Häutung und achtsames Fotografieren

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Danke an Karl (fossilhunter) für sein Bild einer Gelbbauchunken Kaulquappe

Metamorphose und Häutung: Basisinformation
Als Metamorphose bezeichnet man die Abwandlung eines Tieres im Laufe seiner individuellen Entwicklung. Diese Umwandlung kann sowohl die Lebensweise, Funktionen, aber vor allem natürlich die Gestalt und das Aussehen betreffen. Die wohl bekanntesten Beispiele finden wir in der Welt der Amphibien und der Insekten.

Bei den Lurchen (Amphibien): Aus dem Laich schlüpft eine Kaulquappe, eine "Larve", die mit Kiemen an das Leben im Wasser angepasst ist. Nach der Metamorphose zum erwachsenen Lurch werden die Kiemen durch Lungen ersetzt, die Lebensweise verändert sich meist zwangsläufig.

Bei Insektenmetamorphosen sind grob zwei Varianten zu unterscheiden:

- Hemimetabole Metamorphose (Unvollkommene Verwandlung): Frisch aus dem Ei geschlüpfte Jungtiere gleichen im Wesentlichen bis auf die Proportionen ihren Eltern. Von einem Larvenstadium zum nächsten (von Häutung zu Häutung) entwickeln sich die Geschlechtsorgane und bei geflügelten Formen auch die Flügel. (Heuschrecken, Wanzen, Libellen, Schaben u.a.)

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Danke an Silvio (rincewind) für seine Bilder. Sie zeigen eine Hemimetabole Metamorphose - Aeshna cyanea.

- Holometabole Metamorphose (Vollkommene Verwandlung): Hier sehen die Larvenstadien völlig anders aus als die adulten Tiere. Nach einem Eistadium und darauffolgenden Raupen- oder Larvenstadien (die häufig ausgeprägte Fressstadien darstellen), wird ein weiteres Stadium gesetzt in dem dann im Verlauf einer Ruhephase die Umwandlung vorbereitet wird. In diesem Puppenstadium. wird das Lebewesen völlig neu organisiert. Aus der Puppe schlüpft dann das "fertige" Insekt (Käfer, Schmetterlinge, Hautflügler, Zweiflügler)

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Danke an Otto (Otto G.) für dieses Bild. Es zeigt eine Holometabole Metamorphose - Brenthis daphne.

Häutungen sind immer dann nötig, wenn ein Tier mit einem Exoskelett (Außenskelett) wachsen muss. Der starre Panzer kann sich ja nicht ausdehnen. Vor der Häutung wird eine neue Cuticula (Hautschicht) in Falten unter der alten Haut angelegt. Die alte Haut reißt auf und entlässt das Tier, das während der Häutung und kurz danach die neue Haut ausdehnen und ausweiten kann.
Bei Häutungen werden neben dem Wachstum oft viele Teile des Körpers regeneriert und erneuert. Sie stellen aber sehr problematische Abschnitte im Leben des Tieres dar, da es in dieser Phase schutzlos und verletzbar sind.

Ein Bewegen, ein Umsetzen oder auch nur eine Lageänderung kann für das Tier in dieser Situation schon zum Tod führen, da auch innere Organe Schaden nehmen können. Dies sollten wir bedenken, wenn wir z.B. schlüpfende oder frisch geschlüpfte Libellen fotografieren möchten. Hier gilt unbedingt: Abstand halten im Sinne des Insekts!!!

Danke an Jürgen Fischer für diesen Text.
Weitere interessante Beiträge findet ihr in unserer Doku-Galerie
Ich stelle den Beitrag auch ins Doku-Portal, dort kann man dann ggf. einen Beitrag hinterlassen oder diskutieren.
Dateianhänge
1Brenthis_daphne_OG267944.jpg (473.74 KiB) 1844 mal betrachtet
1Brenthis_daphne_OG267944.jpg
Zuletzt geändert von Werner Buschmann am 29. Apr 2017, 23:24, insgesamt 3-mal geändert.
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Matamorpose, Hätung und achtsames Fotografieren

Beitragvon rincewind » 29. Apr 2017, 22:07

Hallo,

Ich finde sehr gut das das Thema zum Beginn der Schlupfsaison mal angesprochen wird.
Vielleicht noch ein paar Infos zum making off der Dokureihe aus der die Libellen Schlupfbilder sind.
Wenn ich mich richtig erinnere sind in der Doku Bilder aus mindestens 2 Schlupfen.
Nun wird der eine oder andere vielleicht denken "das geht doch nicht ohne Manipulation "
Die Erklärungen ist einfach ich habe im Garten einen kleinen Teich .
Von dieser Art schlüpfen dort während der Schlupfsaison 30-40 Libellen.
In dieser Zeit stehe ich bei Sonnenaufgang auf und schaue nach was sich so tut.
In den meisten Fällen sitzen die Libellen ungünstig, dann gehe ich Kaffee trinken.
Manchmal, aber eher selten, habe ich Glück, dann hole ich meine Ausrüstung und fotografiere aus ca 1m Entfernung mit dem 180er mit einer Crop 2 Kamera.
Die Pflanzen an denen der Schlupf stattfindet stehen günstig in Ufernähe.
Grundsatz ist den Vorgang niemals stören. So ein Schlupf läuft ab wie ein Programm.
Das Programm kann weder gestoppt, verlangsamt oder verändert werden.
Kommt es zu einer Störung stürzt das Programm ab, mit fatalem Ergebnis.
Was ist also die beste Strategie ?. Sitz die Libelle ungünstig sucht man sich einen bequemen Platz und genießt das Beobachten des Geschehens.
Manchmal kann es auch sehr befriedigend sein ohne Foto nach Hause zu gehen. :)

LG Silvio
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Metamorpose, Häutung und achtsames Fotografieren

Beitragvon Gabi Buschmann » 30. Apr 2017, 12:19

Hallo, Silvio,

danke für deine Ergänzung aus der Praxis zu dem Startseitenbeitrag,
den ich sehr gut und wichtig finde.
Ich habe vor solchen Schlupfsituationen auch großen Respekt und
halte Abstand. Nur selten kann man so etwas in Spitzenqualität
ablichten. Aber wie du schreibst - hier ist das Erlebnis das Besondere,
das man bedenkenlos mit nachause nehmen kann :D .
Liebe Grüße Gabi
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Metamorpose, Häutung und achtsames Fotografieren

Beitragvon Sven A. » 2. Mai 2017, 23:49

Moin,
ich finde diesen Beitrag und den damit verbundenen Hinweis auf die leichte Verwundbarkeit in dieser Phase, sehr wichtig.
Auch die Ergänzung von Silvio kann ich voll und ganz bestätigen.
Seltsamerweise wurde ich schon oft mit anderen lohnenswerten Motiven und Möglichkeiten "belohnt",
wo ich im Vorfeld auf "die einmalige Gelegenheit" verzichtet habe.
Das beobachten eines Schlupfes ist ebenso befriedigend, zumal der Vorgang bei Libellen schon tausendfach von anderen dokumentiert wurde.

Die gezeigten Bilder sind beeindruckend, besonders auch der Permuttfalter :-)
Wie gut, dass dies oft im Geheimen vollzogen wird.

Viele Grüße
Sven
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Metamorpose, Häutung und achtsames Fotografieren

Beitragvon piper » 4. Jun 2017, 09:47

Hallo Gabi,

zwei sehr schöne Schlupfbilder.
Immer wieder ein erhebender Moment.
Den Text von Silvio kann ich nur unterschreiben.
Liebe Grüße Ute

Die Freude am Kleinen ist die schwierigste Freude, denn es gehört ein großes Herz dazu.
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Metamorpose, Häutung und achtsames Fotografieren

Beitragvon Ajott » 17. Jul 2017, 14:50

Hallöchen Werner und alle, die textlich und bildlich zu dem schönen Artikel beigetragen haben.

Ein sehr guter Beitrag mit einem wichtigen Hinweis, der auch jetzt, wo die Saison in vollem Gange ist, nicht weniger aktuell ist.
Die Bilder sind alle saustark, aber die Message des Beitrages sollte man darüber nicht aus den Augen verlieren. Im Zweifelsfall kann Verzicht (oder beschränken auf dokumentarische Schüsse) durchaus eine sinnvolle Option sein.

liebe Grüße
Aj
Wer an allem zweifelt sollte darauf achten, dass gesunde Skepsis nicht bald zur blinden Paranoia wird.

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