Umfassend ...

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Uli R.
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Umfassend ...

Beitragvon Uli R. » 18. Jan 2014, 21:16

Tach zusammen,

hier mein Bericht zum Bild :lol:

Das Motiv, der Ansitz, das Umfeld
Ich zeige Euch heute und jetzt ein außergewöhnliches Fundstück. Es handelt sich um einen Silbergrünen
Bläuling. An diesem Ansitz saß er so freiwillig wie man als Falter nur irgendwo sitzen kann. Der Ansitz könnte
womöglich gegen Verwindungen und Schwankbewegungen verursacht durch Wind mittels eines
Pflanzenklammersets (Novoflex) gesichert gewesen sein. Daran erinnere ich mich nicht mehr genau, die
Wahrscheinlichkeit ist hoch. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich im Umkreis des Falters Halme entfernt habe ist
ebenfalls gegeben, viel war es sicher nicht weil das Foto abends entstanden ist und der Falter wie man am Foto
sieht noch nicht völlig "abgeschaltet" hatte (Vorderflügelstellung). Der Bewuchs an diesem Stück Trockenwiese
war eher kärglich. Ringsum hatten Schafe dafür gesorgt, dass der Bewuchs noch kärglicher war, was den Hintergrund erklärt.

Die Technik
Meine Kamera war mittels einer Stativschelle, unter Zwischenschaltung eines Makroschlittens (Novoflex) an
einem Dreibeinstativ mit flexibler Mittelsäule und Kugelkopf befestigt. In aller Regel richte ich die Grundstellung
grob ein und baue dann in Nähe des Falters auf. Danach richte ich das Stativ fein aus, bestimme so den
Bildausschnitt, um dann mittels Augenmaß zu versuchen die Sensorebene parallel zum Falter auszurichten.
Ich benutze zum Scharfstellen Live-View. Ich stelle nun mit dem Fokussierring des Objektives (Tamron) scharf,
so gut es eben damit geht, und erledige die Feineinstellung mit dem Makroschlitten. Das Ganze kontrolliere ich
mit der 10fach Vergrößerung des Live-View. Abschließend teste ich durch Verschiebung des
Vergrößerungsfensters ob mir die Ausrichtung der Sensorebene gelungen ist.

Danach beginne ich mit ersten Aufnahmen. Dabei benutze ich einen einfachen Kabelauslöser. Die Blendenwahl
erfolgt anhand der Beschaffenheit des Tatortes, muss ich im Hintergrund etwas "Ausblenden" fange ich tief an
und kann mir hohe Blenden sparen und umgekehrt. Gegebenenfalls nimmt man natürlich auch eine sehr offene
Blende obwohl man nichts ausblenden möchte um eine bestimmte Bildwirkung zu erzielen. In jedem Fall fertige
ich Blendenreihen an. Fast immer mache ich eine Reihe nach oben und eine wieder nach unten. Auf
Spiegelvorauslösung kann man bei Canon Kameras verzichten wenn man mit Live-View arbeitet, da der Spiegel
dann eh aus dem Weg ist. Zur Belichtungsmessung vertraue ich auf die Selektivmessung, überprüfe diese
anhand der ersten Bilder und justiere nötigenfalls nach. Falls ich es so nicht sehe blende ich das Histogramm
kurz ein.
Den Weißabgleich überlasse ich zunächst der Kamera, fertige jedoch auch Fotos einer Graukarte an, so nahe
beim Motiv wie dieses es zulässt. Wenn das Motiv es gar nicht zulässt, weil es im Verdacht steht
Fluchtabsichten zu hegen lass ich es ganz.
Den ISO Wert bestimme ich nach den gewünschten Verschlusszeiten und versuche ihn so niedrig wie möglich
zu halten. Spätestens nach Abschluss einer der Belichtungsreihen überprüfe ich nochmals die Fokussierung
und passe diese nötigenfalls an.

Das war's. Wenn das das letzte Motiv des Tages war packe ich ein (Fotorucksack) und geh nach Hause, wenn
nicht gehe ich zum nächsten Motiv und alles fängt von vorne an.


Risiken und Nebenwirkungen
Die Gefährdungslage bei diesem Falter war eher überschaubar und ich kann diese Art auch uneingeschränkt
jedem Anfänger empfehlen. Er verhält sich ruhig und zeigt keinerlei Angriffstendenzen auch dann nicht wenn
man ihm recht nahe kommt. Selbst sollte er zum Angriff übergehen schätze ich das Verletzungsrisiko bei der
Abwehr des Angriffes als sehr niedrig ein, auch für wenig bis nicht trainierte Fotografen. Er verfügt weder über
einen Wehrstachel, noch besitzt er Beißzangen.
Die Anfahrt zum Makrogebiet erfolgte über eine wenig befahrene Ortsstraße und dann noch ein Stück durch
eine Wohnstraße bis zum Ortsausgang. Nach dem Abstellen war eine Straße zu überqueren, dabei ist immer
Vorsicht geboten. Der Fußweg führt über einen landwirtschaftlichen Wirtschaftsweg, der auch als Wanderweg
bewirtschaftet wird. Leichtem Umknickrisiko wurde durch entsprechendes Schuhwerk entgegengewirkt, das
raten ich ohnehin jedem.
Zum Zeitpunkt des Hinweges bestand noch etwas erhöhte UV Strahlung, jedoch sollte diese auch für
empfindliche Hauttypen nicht ein übliches Maß überschritten haben. Etwas abseits des Weges hielten
Hobbyimker einige Bienenvölker. Von diesen geht üblicherweise vor allem zu dieser Tageszeit keine bis sehr
geringe Gefahr aus. Allergiker sollten wie immer Wachsam sein.
Etwa 200-300m Luftlinie entfernt war ein Hochsitz, dieser war jedoch nicht besetzt, was ich zuvor überprüfte.
Man könnte das jedem anraten, wobei sich ein Jäger vermutlich von alleine meldet falls er da sitzt und man
vertreibt ihm das Wild.
Praktisch auf jeder Wiese besteht die Gefahr des Zeckenverbisses und des Angriffes durch Stechmücken.
Diesem Risiko kann man durch entsprechende Kleidung, Vorsicht und gegebenenfalls der Zuhilfenahme von
Chemie (Antibrumm) entgegenwirken. ACHTUNG! All dies bietet keinen sicheren Schutz.
Der Rückweg führte an einer eingezäunten Schafherde vorbei. Hier bestand eine Geruchsbelästigung, die
jedoch sicher nicht schädlich war. Restgefahren gingen von den Hütehunden aus, da diese jedoch in der Regel
gut abgerichtet sind und der Schäfer immer in Rufreichweite war würde ich diese Gefahr als ebenfalls sehr
gering einstufen. Das ausgehende Tageslicht stellt eine letzte relevante Gefahr vor der Heimfahrt dar, achtet
auf den Untergrund und auf Äste oder dergleichen, die man in der Dämmerung leicht übersehen kann. Bei der
Heimfahrt wie auch bei der Hinfahrt immer die üblichen Gefahren des Straßenverkehrs beachten ... kommt
immer gut wieder heim!


Photoshop und Co
Ich fotografiere immer und ausschließlich im RAW Modus und entwickle in Camera RAW. Hier habe ich anhand
des Vergleichsfotos mit Graukarte den Weißabgleich leicht angehoben. Die Belichtung minimal nach oben
korrigiert (+0,05), den Kontrast leicht erhöht, sowie Weiß und Schwarz leicht verzogen. Dann noch 2
Sensorflecken entfernt und danach an Photoshop übergeben. Ich benutze die aktuelle Version und warne hier
vor einem Ausbeutungsrisiko seitens Adobe mittels Abovertrages.
Zunächst habe ich den Beschnitt leicht angepasst. Danach mit Define entrauscht, dabei nehme ich in aller
Regel das Hauptmotiv aus. Entweder mit Maske oder durch vorherige Auswahl je nach Tagesform. Der Ansitz
ist nach unten hin nicht elektrisch weichgezeichnet, er ist naturweich, denn er war halt schief. Einer leichten
Tonwertkorrektur folgt eine Nachschärfung des Hauptmotives wozu ich mich zumeist des Hochpassfilters
bediene, wieder Maske oder Auswahl je nach Tagesform.
Jetzt erfolgt auch schon die Verkleinerung auf Webgröße und damit verbunden eine nochmalige sehr leichte
Nachschärfung. Speichern hochladen, kleinen Text schreiben fertig ....

Das nächste mal gibt's wieder die Kurzfassung .... :lol: :lol:
Dateianhänge
Kamera: EOS5D3
Objektiv: Tamron 180
Belichtungszeit: 1/40
Blende: 11
ISO: 640
Beleuchtung: natur
Aufnahmedateiformat (RAW/JPG) RAW
Beschnittsbetrag in % (Breite u. Höhe): ca. 3%
Stativ: jo
---------
Aufnahmedatum: 08/2013
Region/Ort: Fränkische Schweiz
vorgefundener Lebensraum: Trockenwiese
Artenname: Polyommatus coridon
kNB
sonstiges: siehe Text
IMG_3818.jpg (297.69 KiB) 1452 mal betrachtet
IMG_3818.jpg
Gruß
Uli

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Christian Friedrich Hebbel (* 18.03.1813; † 13.12.1863)
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Beitragvon derflo » 18. Jan 2014, 21:25

Nur 2 Sensorflecken? ich kann mich gar nicht erinnern, wann mein Sensor das letzte mal so sauber war.
Schönes Bild, klasse ausgerichtet, gute Schärfe und fein ausbelichtet.
&
Schöner Text, klasse ausformuliert, gut pointiert und fein gegliedert.

schmunzelnde Grüße
Flo
Orchideen in Deutschland:http://www.maldiesmaldas.de
Ich auf flickr: http://www.flickr.com/photos/maldiesmaldas
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Beitragvon Harald Esberger » 18. Jan 2014, 21:42

Hi Uli

Bei deinen Eingangstext bin ich nach einigen Zeilen ausgestiegen,

und habe mich deinen Bild zugewannt, ist einfach zuviel INFO für mich

an einen Tag. :DD

Freue mich wieder auf die Kurzfassung. :laugh3:

Ich fasse mich auch kurz... gefällt mir.



VG Harald
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen der einfachste, durch Erfahrung der bitterste.

Konfuzius


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Beitragvon VP » 18. Jan 2014, 21:46

Hallo Uli,

sehr löblich. Ich denke, hiermit hast Du die Makrocrew zu neuen
Einstellregeln inspiriert. So weiß jeder über alles Bescheid und sind
wir ehrlich, ist ja auch schnell gemacht.
Schöner Bläuling by the way...

Besten Gruß,

Pete
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Beitragvon Uli R. » 18. Jan 2014, 21:59

@Harald

könntest Du wenigstens die Sicherheitshinweise ... ? ;)

ich arbeite an einem Leitfaden "gefährdungsreduzierte Annäherung an Bläulinge und Verhalten im Angriffsfall" bis dahin muss mans halt austippen
Gruß

Uli



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Beitragvon Harald Esberger » 18. Jan 2014, 22:06

Hi Uli

Bin ich froh das du mich nochmal drauf aufmerksam gemacht

hast.

Hab mich köstlich amüsiert.




VG Harald
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Beitragvon zambiana » 18. Jan 2014, 23:04

Hallo Uli

was für ein sensationeller Einstiegstext. Hab' fast am Boden gelegen vor Lachen. Gestehe auch,
daß ich in letzter Zeit Phantasien mit mir herumtrug, ähnliches zu schreiben, bin aber froh, es nicht
getan zu haben, denn so, äh, 'umfassend' hätte ich es nicht durchgezogen. Und gerade darin liegt
ein guter Teil der Würze.

Ulrich (UBS): Über Deinen Kommentar habe ich nicht minder gelacht. Gnadenlos gut.

Ja, zum Bild dann vielleicht auch noch ein paar Worte: Einfach schön und gut gemacht kommt
es daher. Die Detailwiedergabe ist Dir bestens gelungen, das Licht ist fein, der Aufbau ebenfalls.
Farben und Hintergrund gefallen mir auch.

Liebe Grüße,
Andrea


PS: Für mich ist das der Thread des Monats.
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Beitragvon rincewind » 18. Jan 2014, 23:12

Hallo Uli,

das Bild ist Dir sehr gut gelungen.
Beim Eingangstext vermisse ich aber wichtige Details,
so ist z.B. der Begriff Fotorucksack nach meinem Dafürhalten zu allgemein
oder bei den Sicherheitshinweisen: der Faktor "Werschaf" kommt imA wesentlich zu kurz.
Das kannst Du besser. :lol:

LG Silvio
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Beitragvon blumi » 18. Jan 2014, 23:24

Hallo Uli

das nenne ich mal einen sehr ausführliche Beschreibung

am besten finde ich hier dir Risiken und Nebenwirkungen :)

gut so,,jetzt wo ich weis wie gefährlich das alles sein kann,, mmh :DD

dein Bild ist trotz der hohen Risiken gut gelungen,, und ein Glück das du

doch noch den Heimweg ohne schwer erkennbare Verletzungen überstanden hast

das macht dir auch keiner so schnell nach.. HUT ab :)
LG.Jürgen
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Beitragvon StephanFingerknoten » 19. Jan 2014, 00:15

Hallo Uli,

1. Ich fühle mich hier leicht ver..scht.
2. Du hast vergessen, auf die nicht offensichtlichen Gefahren einzugehen, das was Du da hinpinnst weiß jeder. Womit Du auch die Crew ver...scht.
3. Ich habe selten so gelacht beim Lesen eines Eingangstextes, obwohl die Crew und ich ver..scht wurden.
4. Zur Strafe fordere ich eine Lex Uli: Du und nur Du, darauf lege ich nachdrücklichen Wert, darfst ab jetzt nur noch in der Galerie einstellen, wenn Deine Eingangstexte eine DIN A4-Seite, einzeilig, Schriftgrad 8, Systemschrift, nicht unterschreiten.

Zum Bild schreibe ich nix, ich wurde ja ver..scht. Und Strafe muss bekanntlich sein.

:drinks

LG
Stephan
Ich bin der mit dem -PH

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