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Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 26. Jan 2018, 21:40
von A_K
Hallo Zusammen,

ich hatte mir in den vergangenen Tagen mit dem 60er an einem braunen Schmetterlingsflügel die Zähne ausgebissen. Mein Ringblitz hat bei 1/64 Leistung zu wenig Licht produziert.Mehr Leistung wollte ich nicht einstellen, aus Angst vor Vibrationsunschärfen später im Bild (bei mir fährt die Kamera ja, wie ihr wisst, kontinuierlich und nicht schrittweise). Also mußte ich die ISO auf 500 stellen und hatte trotzdem noch knapp belichtete Bilder. Folge: Rauschen im Walde und die Stacks waren nur Matsch mit Soße. Grauenhaft, überhaupt keine Auflösung - schlimm!
Gestern habe ich deswegen was Neues ausprobiert: Erstens Blitz aus 1/16 und ISO runter auf 160. Damit war die Belichtung perfekt und ob es Vibrationsprobleme gibt würde sich zeigen. Das war aber nicht alles, Ich habe auch den Auszug von 210 auf 165mm verkürzt. Warum? Nun, ich wollte die Auflösung erhöhen!
Der Gedankengang dahinter: Die erzielbare Aulösung korreliert direkt mit der verwendeten effektiven Blende keff. Diese berechnet sich gemäß

keff = M / 2*NA , mit M = ABM und NA = numerische Apertur

Die effektive Blende des 60ers beträgt also 42,9.
Wie kann ich die effektve Blende und damit die Auflösung erhöhen? Nun, die numerische Apertur ist eine Gerätekonstante des Objektivs und somit fix. Nicht fix ist aber der ABM denn der hängt vom Auszug ab. Also ABM (=Auszug) verringern und NA konstant halten führt zu einer größeren effektiven Blende und damit zu einer höheren Aufösung.
Das 60/0,7 erreicht die 60ig-fache Vergrößerung bei 210mm Auszug. Daraus kann man die Brennweite berechnen:

Auszug / Vergrößerung = Brennweite, also 210mm/60 = 3,5mm

Ich habe nun den Auszug von 210 auf 180mm verringert. Daraus ergibt sich für die Vergrößerung: 180/3,5 = 51,4
Ich habe dann also aus dem 60/0,7 ELWD 210/0 quasi ein 51/0,7 ELWD 180/0 gemacht, denn die numerische Apertur ändert sich ja nicht. Die neue effektive Blende berechnet sich nun gemäß 51/(2*0,7) = 36,7!
Das ist ein fantastischer Wert und deutlich besser als der meines 40/0,5 ELWD 210/0, denn das hat effektiv Blende 40, also nur marginal besser als das 60er bei normalem Einsatz. Die regulären 50er ELWD haben NA = 0,55, also keff = 45,5
Soweit so gut, demgegenüber wäre ich also deutlich besser...
Leider hat die Verkürzung des Auszugs einen ganz gewaltigen Pferdefuß: Der Bildkreisdurchmesser wird kleiner! Es war daher zu erwarten daß die Auflösung in der Mitte deutlich ansteigt, dafür aber in den Ecken vermutlich kollabiert.
Erstaunlicherweise zeigt der Praxistest, daß der Bildkreis auch bei 180mm noch völlig ausreichend für APS ist!! Rein visuell sehe ich zumindest keinen Abfall der Auflösung in den Ecken! :yahoo:

Kamera: ILCE-6300
Objektiv: ----
Belichtungszeit: 1/160s
Blende:
ISO: 160
Beleuchtung:
Aufnahmedateiformat (RAW/JPG): RAW
Beschnittsbetrag in % (Breite u. Hoehe):
Stativ: verschiedene
---------
Aufnahmedatum: 25.01.2018
Region/Ort: Oberbayern/Pittenhart
vorgefundener Lebensraum:
Artenname:
kNB
sonstiges:
Charaxes etesipe-3_1200.jpg (415.43 KiB) 838 mal betrachtet
Charaxes etesipe-3_1200.jpg


Zum Vergleich noch mal ein Stack vom Nikon M Plan 40/0,5 ELWD 210/0
Bild

Diese Schmetterlingsart hat sehr kleine Schuppen, nur halb so groß wie die bunten Urania-Schuppen. Trotzdem sieht man die winzigen Querstege 1a! Ich bin ziemlich begeistert von diesem Ergebnis!
Und noch ein angenehmer Nebeneffekt: Der freie Arbeitsabstand nimmt auch um einen Ticken zu. Bei 4,9mm ist man für jeden zusätzlichen 1/10mm dankbar! :yahoo:

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 26. Jan 2018, 23:24
von Adalbert
Hallo Alexander,
sehr schönes Foto!
wie ich verstanden habe, steigst Du demnächst auf die Schrittmotoren um.
Bin schon gespannt, wie Du damit das Problem lösen wirst.
Ich habe nun den Auszug von 210 auf 165mm verringern.

Ich habe etwas Ähnliches mit den unendlichen Mikroskop-Objektiven gemacht (Tubus-Linse von 200m auf 100 mm) und das Ergebnis war erstaunlich gut (kleinere Vergrößerung bei der gleichen Apertur).
Praxis und Theorie stimmen nicht immer überein :-)
Gruß, ADi

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 26. Jan 2018, 23:51
von A_K
Doch in diesem Falls stimmen Theorie und Praxis schon überein. Es nur erstaunlich daß der Bildkreis doch so groß ist.

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 27. Jan 2018, 09:16
von A_K
Adalbert hat geschrieben:Quelltext des Beitrags
Ich habe nun den Auszug von 210 auf 165mm verringern.

Gruß, ADi


Ich hatte mich vermessen. Es waren 180mm Auszug und nicht 165mm

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 27. Jan 2018, 09:47
von A_K
Adalbert hat geschrieben:Ich habe etwas Ähnliches mit den unendlichen Mikroskop-Objektiven gemacht (Tubus-Linse von 200m auf 100 mm) und das Ergebnis war erstaunlich gut (kleinere Vergrößerung bei der gleichen Apertur).
Praxis und Theorie stimmen nicht immer überein :-)
Gruß, ADi


Und da hat der Bildkreis immer noch für APS-Sensoren ausgereicht? Kann ich ja kaum glauben. Ich habe mal ein 10x Mitutoyo Plan Apo mit 100mm Tubuslinse statt der vorgegebenen 200mm verwendet und da hat es definitiv nicht für APS gereicht (schwarze Ecken). Dabei ist das Mitutoyo mit regulärer Tubuslinse sogar vollformattauglich!

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 27. Jan 2018, 10:53
von Adalbert
Hallo Alexander,
hat der Bildkreis immer noch für APS-Sensoren ausgereicht?

Ja, aber ich habe keine „normale“ Tubus-Linse verwendet sondern ein CANON 100L macro.
Damit habe ich unendlich viele Fotos gemacht und auch hier im Forum gezeigt :-)

BTW, meine LU Plans haben 25mm Gewinde und die MSPlans F=180.

Gruß, ADi

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 27. Jan 2018, 11:07
von A_K
Das spielt für den Bildkreisdurchmesser keine Rolle, höchstens für die Abbildungsqualität. Ich hatte übrigens auch das Canon 100L Macro für das Mitutoyo verwendet. Welche unendlich Optiken hattest Du denn verwendet? Vielleicht hatten die ja tatsächlich eine sehr großen Bildkreis.

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 27. Jan 2018, 11:15
von Adalbert
Hallo Alexander,
Welche unendlich Optiken hattest Du denn verwendet?

- NIKON BE Plan 4x / 0.10 ; 10x / 0.25 (RMS)
- NIKON LU PLAN 5x / 0.15 ; 10x / 0.30 ; 20x / 0.40 ELWD (Gewinde 25mm)
- OLYMPUS MSPlan 50x / 0.55 ULWD F=180 (RMS)

Es gab keine Vignettierung bei der offenen Blende.

BTW, mit dem BE PLAN 4x habe ich mit dem AF des Objektivs gestackt

Danke und Gruß, ADi

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 27. Jan 2018, 12:10
von Guppy
Hallo Alexander

Das Bild mit 180mm Tubuslänge ist gelungen und gefällt mir gut.
Deine Beobachtung an Hand des Bildes ist entscheidend, solange du genug kritisch bist.

Das Nikon BD Plan 60/0.7 besitzt eine Brennweite von etwa 3.5mm.
Verändert man die Tubuslänge ändert dies an der Apertur und der Brennweite des Objektivs nichts, sondern es wird lediglich auf eine andere Distanz (freier Arbeitsabstand) fokussiert. Also nicht mehr auf die Distanz, für welche das Objektiv optimiert ist.

Selbst wenn man damit rechnet, dass sich die Blende von 40 auf 36.7 ändert, das ist minim weniger wie 1/3 Blende!
Die Auflösung mit Blende 40 (NA 0.0125) beträgt 45.5 LP/mm
Die Auflösung mit Blende 36.7 (NA 0.0136) beträgt 49.5 LP/mm, das ist ein Plus von 9%. Unter absolut optimalen Bedingungen kann man das bei direkten Vergleichen noch sehen.
Das Absinken der Auflösung am Bildrand ist aber grösser wie 10%.
Dies bedeutet, dass der Auflösungsunterschied bei 180mm Tubuslänge, zwischen Bildmitte (+ 9%) und dem Bildrand (mindestens -10%) sich zusätzlich mindestens um 19% vergrössert hat und dies bei einem Mikroskop-Objektiv, wo schon bei 210mm Tubuslänge, die Auflösung an einer Crop Kamera mit Faktor 1.5, in den Bildecken sichtbar absinkt.

Ich weiss nicht, ob beim Nikon BD Plan 60/0.7 die Apertur von 0.7 schon die "kritische Blende" ist. Wenn das der Fall ist, dann bringt eine höhere Apertur nicht ein Mehr an Auflösung.
Das LOMO 10/0.4 löst nicht höher auf wie ein 10/0.3, das Bild ist lediglich etwas heller und von der Qualität, vor allem im Randbereich grauslich!
Ein Objektiv mit einer höheren Apertur ist üblicherweise teurer und löst bei gleichem Abbildungsmassstab höher auf, dies aber nur bis zu einer bestimmten Grenze (bei 10x ist es etwa die Apertur 0.3), jede weitere Erhöhung der Apertur bewirkt durch Beugung eine geringere Auflösung und Bildqualität.
Normalerweise werden keine Mikroskopobjektive mit fester Blende hergestellt, die lichtstärker sind, wie es die "kritische Blende" erlaubt.
Wählt man bei einer Vergrösserung von 10 x ein Objektiv mit Apertur 0.25, ist dieses kostengünstig, löst in der Bildmitte nicht maximal auf, der Auflösungsverlust zum Rand ist gering.
Ein 10/0.3 Objektiv ist spürbar teurer, löst in der Bildmitte höher auf, der Auflösungsabfall zum Bildrand ist höher wie bei einer Apertur von 0.25 und kann in den Bildecken geringer sein wie bei NA = 0.25!
Ein 10/0.4 Objektiv kann noch einmal teurer sein, seine Auflösung in der Bildmitte ist aber nicht höher, der Auflösungsabfall zum Rand noch einmal höher, aber das Bild ist heller. In der Mikroskopie bei Betrachtung von Auge, kann somit je nach Geldbeutel, gewünschter Auflösung und Bildhelle, das passende Objektiv gewählt werden. jeder Vorteil bringt dann auch an anderer Stelle ein Nachteil.
Für die Fotografie ist ein Objektiv gewünscht, das keinen störenden Auflösungsabfall zu den Bildecken aufweist, eine etwas geringere Auflösung im gesamten Bild, wird bei der Betrachtung nicht unbedingt als Mangel bemerkt, wenn kein schneller Vergleich mit einem höher aufgelösten Bild mit gleichem Objekt und Bildausschnitt möglich ist.
Für einen Fotografen ist die Bildecke der kritische Ort, wo die Bildqualität optimal sein muss. Ist dies der Fall, dann ist sie in der Bildmitte sicher gut.
Ich kenne kein Objektiv, das in der Bildmitte schlechter abbildet wie in den Bildecken.
Das Objektiv 10/0.25 ergibt somit für Fotografie, am ehesten sehr schöne Bilder,
dies vor allem auch dann, wenn ein etwas grosser Bildkreis genutzt wird.
10x Mitutoyo Objektive besitzen einen grossen Bildkreis.
Damit sich die Bildqualität im Randbereich nicht zu stark reduziert ist ihre Apertur bei maximal 0.28.
Dies ergibt im Gegensatz zu einem 10/0.3 Objektiv in der Bildmitte eine etwas geringere Auflösung, jedoch beim grösseren Bildkreis im Randbereich eine bessere Qualität.

Verwendet man eine Olympus mit Crop Faktor 2, also einem kleineren genutzten Bildkreis,
ist dies absolut optimal für Mikroskop Objektive, da kann man erfolgreicher das Setup etwas anpassen,
wie es mit einer Crop Faktor 1.5 Kamera der Fall ist.

Kommen wir schlussendlich noch zum Fotografen und dem Betrachter.
Versuche und Vergleiche wie du sie anstellst sind mir aus meiner Vergangenheit bekannt. Je länger man mit einem, selber herausgefundenen, "höher auflösenden" Setup unterschiedliche Objekte fotografiert, das eigene Auge (samt Hirn) geschult ist, man kleine Feinheiten sieht, umso öfter fällt auf, dass die eigene Kreation eines Setups bei immer mehr Objekten, Mängel aufweist. So findet man langsam zu den Spezifikationen zurück, die der Hersteller empfiehlt. Man erkennt, dass der Hersteller mit seiner Empfehlung, schon das Beste aus dem Objektiv herausholt.
In der Fotografie ist auch das Ausgabeformat, in seiner Grösse und Auflösung zu berücksichtigen.
Internetbilder sind klein und in der Auflösung oft reduziert.
Probleme der Bildqualität in den Bildecken, sieht man oft erst bei grossformatigem Ausdruck.

Inzwischen verwende ich optische Bauteile genau so, wie sie der Hersteller empfiehlt. Der hat sich ja dabei was gedacht, besitzt geschärfte Augen und gute Messinstrumente.
All das erwähnte ändert nichts daran, dass man sich mit eigenem, etwas veränderten Setup, noch im Bereich einer guten Abbildung befinden kann.

Wie am Anfang erwähnt, gefällt mir dein Bild sehr gut.

Kurt

Experiment mit dem Nikon BD Plan 60/0,7 ELWD 210/0

Verfasst: 27. Jan 2018, 14:53
von Hans.h
Hallo Alexander,

Ich kann den Vorschreibern nur beipflichten. Sehr gut gelungen.

Ich fotografiere ja ausschließlich durch Mikroskope und spiegele dabei das Licht durch einen Plan, bzw Hohlspiegel ein. Je nachdem..
Ich mache dabei die Beobachtung, daß bereits durch winzige Änderungen des Spiegels, sich die Auflösung ändert.
Das liegt wohl an der nicht mehr sichtbaren Substruktur der Schuppen, an der sich das Licht bricht und beugt.
Es kommt also auch hier wieder auf die Beleuchtung an.

Hans. :)