Lebensraumtyp Fließgewässer

Einführung - Flachlandbach - Wildfluss

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Lebensraumtyp Fließgewässer

Beitragvon Artengalerie » 18. Jul 2017, 22:17

Was ist ein Fließgewässer?

Als Fließgewässer werden alle ständig oder zeitweise oberirdisch abfließenden Gewässerstrukturen verstanden, die sich der Schwerkraft folgend in eine einheitliche Richtung entlang eines Gefälles bewegen. Dementsprechend liegt das Unterscheidungsmerkmal zwischen einem Fließgewässer und einem Stillgewässer in der durchschnittlichen Verweildauer des Wassers an einem Ort. Die Verweildauern unterscheiden sich innerhalb eines Systems auch zwischen der Quellregion, dem Oberlauf, Mittellauf und Unterlauf.
Durch die Bewegung des Wassers werden permanent mineralische Stoffe abgetragen und an anderen Stellen wieder angereichert. Je nach Mächtigkeit des Gewässers transportiert es Steine, Kies, Sand und Schwebstoffe sowie im Wasser gelöster Mineralstoffe. Der mitgeführte Schlick wird entlang des Gewässerlaufs und in den Flussmündungen, an denen sich die Fließgeschwindigkeit verringert, abgelagert. Das an mineralischen Stoffen reiche Material schafft so an Deltas oder Auen einige der fruchtbarsten und produktivsten Biotope der Erde.

Fließgewässertypen

Fließgewässer sind schwerer zu kategorisieren als Stillgewässer, was nicht zuletzt dem Umstand geschuldet ist, dass sie oft durch geografisch, klimatisch, geochemisch und ökonomisch sehr unterschiedliche Regionen fließen.

Eine mögliche Unterteilung von Fließgewässern erfolgt aufgrund der Länge, Breite, Gewässertiefe, der Größe des Einzugsgebietes und der des Abflusses. Demnach können unter anderem Bäche (Einzugsgebiete kleiner als 100 km²), kleine Flüsse (Einzugsgebiete zwischen 100 und 1.000 km²), große Flüsse (Einzugsgebiete zwischen 1.000 und 10.000 km²) und Ströme (Einzugsgebiete größer als 10.000 km²) unterschieden werden.

Die Regelmäßigkeit, mit der das Gewässer Wasser führt, kann ebenfalls zu Unterteilung herangezogen werden. Perennierende Fließgewässer führen stets Wasser, während periodische Gewässer zeitweise trocken fallen können. Episodische Gewässer führen nur gelegentlich, zum Beispiel im Zeitraum der Schneeschmelze Wasser.

Ökologisch kann man diese Gewässer in die Quellregion (Krenal), in die Bachregion (Rhithral) und in den Flussbereich (Potamal) unterteilen.

In Deutschland werden aufgrund geografischer, geologischer und anderer Faktoren insgesamt fünfundzwanzig biozönotisch bedeutsame Fließgewässertypen unterschieden: vier für die Ökoregion der Alpen und des Alpenvorlandes, acht für das Mittelgebirge, neun für das Norddeutsche Tiefland sowie vier Fließgewässertypen, die als von der Ökoregion unabhängige Typen in verschiedenen Ökoregionen verbreitet sind. Ein einzelnes Fließgewässer kann dabei in seinem Längsverlauf mehreren Typen angehören.

Typische Arten in Fließgewässern

Fließgewässer sind hochgradig dynamische Ökosysteme. Dort lebende Organismen müssen sich auf mitunter enorme Schwankungen der Wasserführungsverhältnisse einstellen.
Welche Organismen sich in einem Fließgewässer ansiedeln, hängt im Wesentlichen von den Faktoren Strömungsgeschwindigkeit, Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt und Nährstoffangebot ab.

Fließgeschwindigkeiten von mehr als einem Meter pro Sekunde können zum Beispiel nur noch kräftige Schwimmer wie etwa Lachse oder Arten, die gezielt die strömungsarme Grenzschicht aufsuchen, standhalten. Häufig findet man typische Anpassungen an die Strömung, wie strömlinienförmige Körper, Saugnäpfe oder gezielte Beschwerung mit Steinchen (Köcherfliegenlarven).

Typische Fließgewässerarten sind unter anderem diverse Libellen, Steinfliegen, Eintagsfliegen und andere Insektenlarven. Zudem finde man hier Flohkrebse, verschiedene Muscheln, Edelkrebse und eine reiche Fischfauna, der zum Beispiel Forellen und Äschen angehören. Auch eine reichhaltige Vogelwelt ist auf die verschiedenen Fließgewässer angewiesen. Zudem finden Fischotter und Biber hier ein Zuhause. Die Pflanzenwelt beherbergt zum Beispiel Wasserstern, Laichkraut, Igelkolben, Erlen, Flutende Schwaden oder den Flutenden Hahnenfuß.
Indirekt profitieren auch viele terrestrische Arten zum Beispiel Auenwaldgesellschaften von den Einflüssen von Fließgewässern.


Gefährdung und Schutz

Flüsse und andere Fließgewässer sind vielfältigen Belastungen und Gefährdungen ausgesetzt, die einerseits aus menschlichen Eingriffen im Einzugsgebiet eines Gewässers und durch Interventionen im Gewässer selbst. Wie für alle Süßgewässer stellt der Eintrag von Nährstoffen z.B. durch Düngung der umliegenden Regionen eine Gefahr für das ökologische Gleichgewicht von Fließgewässern dar.
Die Nutzung für Kühlwasserkreisläufe der Industrie vermindert den Sauerstoffgehalt des Wassers. Eingeleitete Abwässer haben insbesondere in der Vergangenheit teils schwere Schädigungen nach sich gezogen.
Ein großes Problem für Fließgewässer stellt deren Begradigung und Einengung in künstlichen Betten dar. Sie verändern nicht nur das Landschaftsbild, sondern entziehen Gewässerorganismen oft ihre Lebensräume und damit die Lebensgrundlage. Auch die schifffahrtliche Nutzung und Nutzung der Wasserkraft kann zuweilen Populationen verschiedener Arten schwer zusetzen. Staudämme, Schleusen, Wehre und Talsperren können wichtige Ausbreitungs- und Wanderwege unterbrechen. Fischpässe können hier teils Abhilfe schaffen.
Nicht zu unterschätzen sind auch eingeschleppte Arten, die der ansässigen Tierwelt zum Verhängnis werden kann. Die mit fremden Arten eingeschleppte Krebspest, die dem einheimischen Edelkrebs schwer zusetzt, ist hier nur eines von vielen Beispielen.


Beitragsersteller: Ajott (AGEID6829)
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