Lebensraumtyp Küste

Einführung - Steilküste

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Lebensraumtyp Küste

Beitragvon Artengalerie » 18. Jul 2017, 22:17

Was zeichnet den Lebensraum aus?
Küstenökosysteme sind sehr divers und werden von einer ganz unterschiedlichen Kombination aus Landschaftselementen zusammengesetzt. Dazu gehören Sandstrände, Kiesstrände, Dünengrasländer, Steilküsten, Spülsäume, Wattflächen, Brandungszonen, Salzwiesen und mehr. Das Meer sorgt dabei für eine ganz eigene Dynamik und verändert die Grenzen von Stränden regelmäßig. Die Bedingungen hier können sehr harsch sein. Viele Pflanzen halten der hohen Dynamik und den Salzgehalten direkt am Strand nicht stand. Auch die Temperaturen können im Jahres- und Tagesverlauf stark schwanken und die Tierwelt vor große Herausforderungen stellen.

Typen/Formen des Lebensraums
Küsten lassen sich nach verschiedenen Faktoren wie dem Verlauf, der geologischen Entstehungsform und der Ausrichtung zum Gelände unterscheiden. Zieht man das Kriterium des Querschnitts heran, so kann zwischen Flachküsten und Steilküsten unterschieden werden.
  • Flachküsten:
    An Flachküsten herrscht ein allmählicher Übergang von Land und Meer. Sie bestehen aus lockerem Material wie Sanden oder Kiesen. Die Strandregion kann in Unterwasserschorre, Gezeitenschorre und Hochschorre unterteilt werden. Erster ist dabei der Bereich, der ständig den Einflüssen des Wassers unterliegt, letzterer wird nur bei Stürmen direkt vom Wasser erreicht und bezeichnet den eigentlichen Strand. An ihn schließt sich landeinwärts der Dünenfuß an. Als Gezeitenschorre bezeichnet man den Bereich, der zwischen der mittleren Niedrigwasserlinie und der mittleren Hochwasserlinie liegt. Zwischen Gezeitenschorre und Hochschorre findet man häufig den sogenannten Strandwall oder Spülsaum. Er besteht aus vom Meer angespülten Materialien wie Kiesen, Planzenteilen und Muscheln. Seine Lage und Mächtigkeit kann über den Jahresverlauf stark schwanken.
  • Steilküsten:
    Dieser Küstentyp ist dadurch gekennzeichnet, dass es keinen allmählichen Übergang vom Meer zum Festland gibt, sondern sich die Landmassen ein bis mehrere dutzend Meter hoch über den Meeresspiegel erheben. In Deutschland sind dies in der Regel sogenannte Kliffe, bei denen durch natürliche Abtragung durch Wind und Wasser die Küstenlinie allmählich immer weiter landeinwärts gedrängt wird (z.B. Kreidefelsen auf Rügen, Helgoland). Das hier abgetragene Material wird von der Strömung fortgetragen und lagert sich an anderen Stellen wie Sandbänken und Nehrungshaken wieder ab.
Die Ostsee zeigt Küstenformen wie Boddenküsten, Haffküsten, Ausgleichsküsten, Fördenküsten, Schärenküsten und Kliffküsten. Die Ostseeküsten zeichnet dabei ein häufiger Wechsel von Steil- und Flachküsten aus.
An der Nordsee ist außerdem die ausgedehnte Wattenlandschaft - die größte ihrer Art weltweit - kennzeichnend.

Typische Arten des Lebensraums
Je nach Ausprägung der Küstenregion können sehr unterschiedliche Vertreter der Flora und Fauna auftreten. Neben einigen typischen Inlandarten, die auch im Küstengebiet vorkommen oder hier auf die natürliche Ausbreitungsgrenze der offenen Wasserfläche stoßen, gibt es auch eine Reihe an spezialisierten Arten, die überwiegend oder teils ausschließlich in Lebensräumen der Küstenregionen vorkommen. Zu diesen gehören Muschel- und Krebstiere wie Seepocken, Strandflöhe, Miesmuscheln oder Herzmuscheln. An Sandstränden bildet sich je nach Körnchengröße eine spezielle Sandlückenfauna (Mesopsammon) aus. An Steilküsten brüten Uferschwalben oder Wanderfalken. Inländig lebende Vögel suchen gezielt die Flutlinie auf um nach Nahrung zu suchen. In den Spülsäumen finden sich spezielle Insektenarten ein, die sich auf die Zersetzung des Materials spezialisiert haben. Strandhafer siedelt sich an Sandzonen an und trägt zur Dünenbildung bei.

Gefährdung und Schutz
Küsten werden heute stark vom Menschen beeinflusst. Teilweise werden sie mit Straßen, Häfen oder Küstenschutzwällen bebaut. Tourismus und Fischfang spielen ebenfalls eine große Rolle. Viele rastende und brütende Vögel werden durch Strandbesucher leicht aufgestört, empfindliche Dünenpflanzen leiden unter dem Betritt. Ein immenser Faktor ist die zunehmende Umweltverschmutzung, die auch über das Meer und die Flüsse viel Unrat und Giftstoffe an die Strände spült. Sich selbst überlassene Küstengebiete sind in Deutschland und Mitteleuropa sehr selten. Natürliche Prozesse des Abtragens und Anlagerns von Küstenmaterial werden oftmals durch Deiche und Wälle eingedämmt.
In speziellen Schutzgebieten wie dem Nationalpark Mecklenburgische Boddenlandschaft wird kein erhaltender Naturschutz betrieben, sondern natürliche Prozesse wie die stetige Veränderung der Küstenlinie werden akzeptiert und dürfen sich ungestört entfalten. Es wird nicht regulierend eingegriffen. Unbebaute Steilküsten werden nicht besonders geschützt sondern dürfen weiter als Sedimentlieferant für benachbarte Steilküsten fungieren. Nur wenn Ortsansiedlungen oder Boddenlandschaften durch Durchbrüche bedroht sind werden Maßnahmen ergriffen.
Das Wattenmeer der Nordsee wird nicht nur durch weltweite Schutzabkommen wie OSPAR und RAMSAR besonders geschützt, sondern wurde 2009 auch zum Weltnaturerbe erklärt. Seit 1978 arbeiten die angrenzenden Länder Dänemark, Niederlande und Deutschland kooperativ zum Schutz und Erhalt der besonderen Landschaftsform zusammen. In Deutschland ist das gesamt Wattenmeer als Nationalpark ausgezeichnet.


Beitragsersteller: Ajott (AGEID6829)
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