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Gelbbauchunken - Lebensraum - Paarung - Eiablage - Kaulquappen
Verfasst: 7. Aug 2015, 20:51
von fossilhunter
Hallo!
Am 10.Juni dieses Jahres wollte ich in einem (für mich neuen) Biotop den Prachtlibellen
nachstellen. Die haben sich aber wieder einmal etwas geziert und auf dem Rückweg zum Auto
bin ich – leicht frustriert - einen Forstweg entlang gewandert. Und neben den Bahngleisen
wurden offensichtlich mit schwerem Gerät Waldarbeiten durchgeführt. Und kurz zuvor hat es
auch stark geregnet – daher waren einige tiefe Reifenspuren mit Wasser gefüllt. Und da
hatte ich mehrfach den Eindruck, dass sich in den Pfützen was bewegt hat.
Eine genaue Beobachtung hat ergeben, dass sich zumindest was Amphibienartiges im Tümpel
rumtreibt. Mit einem dokumentarischen Foto (habe auch im Arten-Talk nachgefragt) habe ich
mich auf den Weg nach Hause gemacht. Dank des Arten-Talks und anderer Kontakte war relativ
bald klar, dass es sich um Gelbbauchunken gehandelt hat.
Und da ich diese hübschen Amphibien bis jetzt noch nie beobachten konnte, habe ich mich
entschlossen sie regelmäßig zu besuchen. Mittlerweile haben sie mich schon adoptiert ...
lg
Karl
Der Lebensraum der Gelbbauchunken:
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Die Gelbbauchunke hatte ursprünglich ihren Lebensraum in den Flussauen mit ihren
periodischen Überschwemmungen und dadurch entstehenden (zeitlich begrenzten) größeren und
kleineren Tümpeln. Mit dem Verschwinden dieser Auenlandschaften wurde auch der Lebensraum
der Gelbbauchunken immer kleiner. Sie nutzen aber auch Kleinstgewässer, welche durch
menschliche Aktivitäten entstehen. Diese "Gewässer" können durch Waldarbeiten
mit schwerem Gerät entstehen, auch Truppenübungsplätze sind als Habitat durchaus beliebt,
und auch Steinbrüche und tiefe Traktorspuren werden besiedelt. Vorteilhaft ist auch, wenn
das Areal nicht zu dicht bewachsen ist. Durch die direkte Sonenneinstrahlung erwärmt sich
das Laichgewässer relativ rasch und eine beschleunigte Entwicklung des Nachwuchses ist die
Folge.
Paarung und Eiablage der Gelbbauchunken
Verfasst: 7. Aug 2015, 21:01
von fossilhunter
Die Paarung der Gelbbauchunken-------------------------------
Meist nach starken Regenfällen im späten Frühling bzw. Frühsommer widmen sich die
Gelbbauchunken der Produktion einer neuen Generation. Ich konnte von Mai bis anfang Juli
Aktivitäten betreffend Fortpflanzung beobachten. Betreffend Fortpflanzung verhalten sich
also die Gelbbauchunken definitiv nicht so wie z. Bsp. die Kröten (kurz aber heftig).
Um die Paarungsrufe der Männchen zu hören, muss man wirklich genau hinhören – sie sind
sehr leise, da sie keine Schallblasen besitzen.
Die Herren klammern die Damen deutlich tiefer – also eher in der Hüftregion.
Die Eiablage der Gelbbauchunken-------------------------------
Die Eier werden in kleineren Paketen (man liest immer wieder die Zahl von 2 bis 30) an im
Wasser befindlichem biogenem Material (Ästchen, Grashalme, etc ...) abgelegt. In Summe
legt ein Weibchen der
Gelbbauchunken so zwischen 120 und 170 Eier pro Saison. Der Durchmesser der
Gallerthülle eines Eis beträgt
ca. 5 bis 8 mm. Die Larven schlüpfen bereits nach 2 bis 4
Tagen.
Gelbbauchunken: Entwicklung der Kaulquappen und die Jungfrösche
Verfasst: 7. Aug 2015, 21:19
von fossilhunter
Entwicklung der Kaulquappen der Gelbbauchunken
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Die Kaulquappen der Gelbbauchunken schlüpfen bereits einige Tage nach dem Ablegen der Eier. Wie lange die
Kaulquappen für ihre Entwicklung brauchen, hängt stark von der Temperatur (des Wassers)
ab. Man findet Werte von 6 bis nicht ganz 10 Wochen. Die Jungunken weisen eine Größe
zwischen 12 und 16 mm auf.
Fotografisch sind die Wasserbewohner mit der üblichen Ausrüstung natürlich nicht ganz
einfach zu dokumentieren ...
Die Jungtiere der Gelbbauchunken
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Die fertig entwickelten Jungunken halten sich offensichtlich noch eine gewisse Zeit im
Tümpel auf. Ich konnte aber beobachten, dass sie immer etwas unternehmungslustiger werden
und häufig kleine Ausflüge in die unmittelbare Umgebung wagen. Wenn sie sich verfolgt
fühlen (z. Bsp. durch einen Makrofotografen) finden sie aber meistens rasch den kürzesten
Weg zu ihrem "Geburtstümpel" .
PS: Ich konnte nicht alle Bilder hier posten, daher sind sie im nächsten (entsprechend Forenregeln leicht
illegalen) Kommentar zu finden.
UNd was weiter zu beachten ist ...
Verfasst: 7. Aug 2015, 21:28
von fossilhunter
Und was weiter zu beachten ist
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Wenn man sich der Makrofotografie verschrieben hat, so muss man sich natürlich gewisser
Gefahren bewusst sein. Daher kann ich nur empfehlen, dass der Makrofotograf regelmäßig
Lebenszeichen von sich gibt – auch wenn er gerade ein Motiv vor der Linse hat, bei dem
man
sich nicht bewegen sollte.
Was passiert, wenn man sich nicht daran hält dokumentiert das nächste Foto. Ich habe
(leider) durch meine Fokussierung auf die Unken alles andere um mich vergessen und das
Ergebnis war eine Notbremsung des hier abgebildeten Zuges !
PS: Zuerst noch 2 Bilder der Jungfrösche
lg
Karl ... so - ich haben fertig betreffend Gelbbauchunken ....
Verfasst: 7. Aug 2015, 21:43
von Gabi Buschmann
Hallo, Karl,
jetzt habe ich mich extra nochmal eingeloggt wegen deiner umwerfenden
Doku!
Das ist wirklich eine Sahneschnitte! Unglaublich, was dir da für tolle
Bilder über alle Entwicklungsstadien gelungen sind. Ich weiß gar
nicht, wie ich dir meine Begeisterung rüberbringen soll

.
Wieder mal eine Doku vom Feinsten in Text und Bild!!!
Du lagst aber nicht quer auf den Gleisen? Oder was hatte es mit der
Notbremsung auf sich?
Vielen Dank für diese tolle Doku, in der sowohl in den Aufnahmen als
auch in der Aufbereitung jede Menge Arbeit und Engagement stecken!
Verfasst: 7. Aug 2015, 21:57
von fossilhunter
@Gabi
Betreffend Notbremsung: Der Tümpel der Unken befindet sich einige Meter neben den Gleisen.
Dort bin ich auch gelegen und habe auch das eine oder andere hier gezeigte Bild der
Jungunken gemacht. Die Bilder sind mit einem Tamron 90 mm entstanden, d.h. man liegt da
relativ leblos neben dem Tümpel. Ich muss auch gestehen, die vorbei fahrenden Züge habe
ich nicht mehr registriert ... und mich daher auch nicht mehr bewegt. Das war eben auch
der Auslöser für die Notbremsung.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das Zurücksetzen des Zuges (der Bremsweg
ist ja nicht ohne) akustisch als ein kommendes Fahrzeug auf dem Waldweg wahrgenommen habe
- und mich daher noch immer nicht gerührt habe. Frei nach dem Motto - die werden mich ja
wohl nicht überfahren und ausserdem lasse ich sie ohnehin nicht über die Unken
drüberfahren ...
Erst als der Schaffner und der Zugführer mich angesprochen haben (nachdem sie ausgestiegen
waren) habe ich regisitriert, dass ein Zug neben mir steht.
Warum schreibe ich das so genau ... weil man sich der Problematik bewusst sein sollte ...
ich habe was gelernt ... wenn ein Zug vorbei fährt, so gebe ich mittlerweile immer auch
ein Lebenszeichen von mir - auch wenn sich das Motiv dann verabschiedet ...
lg
Karl
Verfasst: 7. Aug 2015, 22:04
von harai
Hallo Karl,
ich bin genau so begeistert wie Gabi. Deine Dokumentation, dazu noch mit guten Bildern,
ist einfach perfekt. Danke, dass Du uns das zeigst und ich habe eine Menge dazu gelernt.
Das mit der Notbremsung des Zuges zeigt doch nur, wie besessen wir Makrofotografen doch
sind. Du scheinst da aber völlig den Rest der Welt zu vergessen. Aber immer mal ein
Lebenszeichen zu gegen sollte ich mir merken.
Verfasst: 8. Aug 2015, 04:39
von der_kex
Hallo Karl,
ich mag Dokumentationen. Und diese hier ist vom Allerfeinsten - sowohl textlich inhaltlich
als auch bezüglich deiner Bebilderung. Bin begeistert!
Vielen Dank für die Zeit, die du auch in die Aufbereitung für uns gesteckt hast - ansonsten
hat man selbst ja am meisten vom Prozess des Dokumentierens, weil man selbst viel sieht
und noch mehr dazulernt. Und was ich sehe und lese bereichert meine Kenntnisse - immer-
hin habe ich auch 2 Biotope in meinem weiteren Umfeld, welche diese originellen Amphibien
beherbergen.
Verfasst: 8. Aug 2015, 05:00
von ULiULi
Hallo Karl,
selten habe ich einen Beitrag im Makro-Forum so lange, ausführlich
und mit Freude gelesen und betrachtet. Eine wunderbare Doku und
dazu noch eine kleine Anekdote die zeigt, dass die Menschen aufein-
ander aufpassen
Auch wenn es Dir augenscheinlich schon sehr viel Freude bereitet hat,
die Unken immer wieder zu besuchen und zu fotografieren, danke ich
ganz herzlich für das Zeigen dieser Dokumentation. Faszinierend zu
sehen, wie viel Leben sich in diesen unscheinbaren Pfützen entwickelt.
Was für eine schöne und bereichernde Art von Natur-Profit.
LG / ULi
Verfasst: 8. Aug 2015, 18:29
von piper
Hallo Karl,
was für eine Geschichte!!!
Das liest sich ja wie ein Krimi.
Nicht nur die tolle Doku über die UNken,
sondern auch die Story mit dem Zug.
Schön, dass s noch so aufmerksame
Menschen gibt.
Eine Frage habe ich. Solche Pfützen
trockenen doch oft wieder aus.
Also hier bei der unsäglichen Hitze und
Dürre hätte es die Pfützen nicht mehr gegeben.
Dann würden die Unken, bzw. die Quappen ja eingehen, oder?
Oder entwickeln die sich in so kurzer zeit, das die gefahr nicht so groß ist ?
@Uli Auf einem ehemaligen Militärgelände in Brandenburg
fahren sie extra mit schweren Fahrzeugen solche tiefen
Rinnen in den Boden um den Unken Lebensraum zu geben.
Danke für dieses Lesegenuss und die schönen Bilder
