Die Lebensform der Libelle als Imago und Fluginsekt dient letztlich vor allem zu einem:
Der Arterhaltung - Paarung und Eiablage.
Dabei haben die Libellen in den über 300 Millionen Jahren ihrer Existenz auf der Erde ihre Strategien
- je nach Art - so weiterentwickelt,
... dass möglichst viele Nachkommen in der nächsten Generation vorhanden sind (viele Eier auf einmal)
... dass auch klimatische Schwankungen diese Arterhaltung nicht komplett zerstören können (z. B. durch
mehrjährige Larven usw.),
... dass die Jahreszeiten mit einbezogen werden (Überwintern als Ei oder eingegrabene Larve oder bei
der Winterlibelle durch körpereigenes "Frostschutzmittel" zum Überwintern als Imago),
... dass Fressfeinde durch Auflauern bei der Eiablage nicht eine komplette Population auslöschen können
(Masseneiablagen bei einigen Kleinlibellenarten).
... dass möglichst die stärksten Männchen zum Vermehrungserfolg kommen (z. B. "Verfolgungsflug" der
Zangenlibellen vor der Paarung)
Es gibt unterschiedliche Erscheinungsformen bei der Eiablage, welche ich
weiter unten mit Bildern darzustellen versuche.
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notwendige Vorab-Info:
Gemeinsam ist dabei ein Prinzip: Der "genetische Eigennutz" der Männchen:
Das heißt, dass bei nahezu allen Eiablageformen eine Komponente enthalten ist, wie das Männchen
dafür sorgt, dass das eigene Erbgut bei der Eiablage weitergegeben wird und nicht ein Konkurrent
die Möglichkeit hat, sich "vorzudrängeln" und dadurch diesem Männchen die Befruchtung der Eier
des verpaarten Weibchens zu verderben.
Grundsätzlich ist bei Libellen nämlich anatomisch möglich, dass trotz Paarung und Weitergabe des
Samens ein nachfolgendes Männchen die Befruchtung durch vorangehende Paarungen verhindern
kann. Denn die Samen werden in eine Samentasche am Eileiter-Ausgang der Weibchen gefüllt. Erst
bei der Eiablage passiert das herausgleitende Ei die Samentasche und wird kurz vor dem Verlassen
der "Röhre" vom zuletzt eingefüllten Samen befruchtet. Es gilt also das Prinzip "Last in - First out",
sinngemäß übersetzt: "der Same, der zuletzt eingefüllt wird, befruchtet zuerst das Ei".
Kommt es also nach der Verpaarung eines Männchens mit dem Weibchen zu einer weiteren Paarung
des Weibchens, kommt das letzte Männchen "zum Zug". Abgesehen davon können Männchen bei
der Paarung vor dem Einfüllen des Samens bereits vorhandenen Samen aus der Samentasche
"ausräumen", wozu das sekundäre Kopulationsorgan anatomisch eine spezielle Möglichkeit bietet.
Daher sind Strategien notwendig, welche verhindern, dass VOR oder WÄHREND der Eiablage ein
konkurrierendes Männchen die Möglichkeit bekommt, das Weibchen zu ergreifen und eine Paarung
zu vollziehen.
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Eiablage-Formen bei verschiedenen Libellenarten:
1. Die Tandem-Eiablage
Das Männchen hält nach der Lösung des Paarungsrades noch das Weibchen mit seinen Hinterleibs-
Greifern fest (die Tandemformation wird erhalten), zwingt dadurch das Weibchen, sofort die Eiablage
vorzunehmen und vollzieht diese gemeinsam mit dem Weibchen. Ein konkurrierendes Männchen
müsste nun das verhakte Männchen vom Weibchen lösen und sofort die Paarung vollziehen, um sich
"vordrängeln" zu können.
In der Tat kann man Bemühungen von einzelnen Männchen beobachten, welche vorhandene
"Tandems" attackieren, um diese Formation zu lösen. Die Chancen sind einigermaßen gering. Es
kommt aber durchaus vor, dass bei einer Attacke ein Tandem aus dem Gleichgewicht gerät und
die einzige Rettung vor dem Absturz im Ablassen des Männchens vom Weibchen besteht. Dann
kann das angreifende Männchen zuschlagen.
Tandem-Eiablagen gibt es in mindestens 3 Formen:
- Tandem-Eiablage im Flug (z. B. einige Heidelibellen-Arten)
- Tandem-Eiablage mit aufsitzendem Männchen (z. B. die meisten Schlanklibellen und Federlibellen)
- Tandem-Eiablage mit vorlaufendem Männchen (z. B. Winterlibellen, Südliche Mosaikjungfer, Kleine Königslibelle, ...)
2. Die bewachte Eiablage
Hierbei löst das Männchen die Tandemformation nach dem Paarungsrad durch Loslassen des
Weibchens und bleibt in der Nähe des verpaarten Weibchens. Durch Attacken und Überfliegen
des Weibchens zwingt das Männchen das Weibchen zur sofortigen Eiablage und "wacht" flie-
gend oder sitzend über der Eiablagestelle, um das Weibchen vor Angriffen und Paarungsversuchen
anderer Männchen zu beschützen.
Das Problem besteht darin, dass nicht alle Weibchen die Eier gleich nach dem Lösen des Paarungs-
rades ablegen wollen und manchmal dem Männchen entkommen. Dann ist für dieses Männchen
die Weitergabe der eigenen Gene nicht sichergestellt.
Diese Form ist z. B. von den Blaupfeilen und anderen Segellibellen verbreitet.
3. Die zeitverzögerte Solo-Eiablage
Hierbei verlässt das Weibchen nach der Paarung fluchtartig das Gewässer und vollzieht die Eiablage
zu einem späteren Zeitpunkt. Oft zu einer Zeit, wenn die Männchendichte abnimmt oder an einem
vor Männchen verborgenen Ort. Zeitpunkte mit geringerer Männchendichte sind zum Beispiel die
frühen Morgenstunden oder die späten Abendstunden (Dämmerung) oder wenn die Sonne weggeht
und sich die Luft abkühlt. Oft können einzelne Weibchen zu diesen Zeiten bei der (dann ungestörten)
Eiablage beobachtet werden.
Auch bei dieser Methode ist die Wahrscheinlichkeit einer Zweitverpaarung geringer, allerdings für das
Männchen nicht zu kontrollieren.
Zu beobachten ist dies z. B. bei der Großen Königslibelle oder den meisten anderen Edellibellen.
.
Eiablage-Formen bei Libellen
- der_kex
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- Registriert: 2. Feb 2009, 14:17 alle Bilder
- Vorname: Christian
Eiablage-Formen bei Libellen
- Dateianhänge
-
- Tandem-Eiablage im Flug (hier z. B.: Sympetrum striolatum - Große Heidelibelle)
- Sympetrum striolatum_Paar_Eiablage_IMG_7207.jpg (332.07 KiB) 5189 mal betrachtet
-
- Tandem-Eiablage mit aufsitzendem Männchen (hier z. B.: Coenagrion puella - Hufeisen-Azurjungfer)
- Eiablage_hufeisen_rohrwasen_02062008_01_MF_a.jpg (335.74 KiB) 5186 mal betrachtet
-
- Eiablage mit vorlaufendem Männchen (z. B.: Sympecma fusca - Gemeine Winterlibelle)
- Sympecma_fusca_Tandem_Eiablage01.jpg (256.92 KiB) 5180 mal betrachtet
-
- Bewachte Eiablage (hier z. B.: Orthetrum brunneum - Südlicher Blaupfeil)
- Orthetrum brunneum_bewachte Eiablage_a_IMG_1840.jpg (463.87 KiB) 5096 mal betrachtet
-
- Zeitverzögerte Solo-Eiablage (z. B.: Anax imperator - Große Königslibelle)
- anax_imperator_w_eiablage_16082009_02a.jpg (347.56 KiB) 5098 mal betrachtet
Zuletzt geändert von der_kex am 20. Aug 2016, 03:13, insgesamt 4-mal geändert.
Liebe Grüße,
Christian
Christian
- dlapinsky
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- Gabriele
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- Vorname: Gabriele
Hallo Christian,
mir war garnicht bewusst wie unterschiedlich die Eiblage
bei den Libellen doch sein kann... Vielen vielen Dank für
diese tolle Doku. Nicht nur der Text ist sehr informativ.
Auch die qualitativ sehr guten Bilder veranschaulichen
das Gelesene sehr gut.
Leider bin ich sehr neugierig, muss immer alles wissen...
Daher noch eine Frage: sticht das imperator-Weibchen
im letzen Bild die Eier in das Schilf ein oder legt sie es
an dessen Oberseite ab?
LG Gabriele
mir war garnicht bewusst wie unterschiedlich die Eiblage
bei den Libellen doch sein kann... Vielen vielen Dank für
diese tolle Doku. Nicht nur der Text ist sehr informativ.
Auch die qualitativ sehr guten Bilder veranschaulichen
das Gelesene sehr gut.
Leider bin ich sehr neugierig, muss immer alles wissen...
Daher noch eine Frage: sticht das imperator-Weibchen
im letzen Bild die Eier in das Schilf ein oder legt sie es
an dessen Oberseite ab?
LG Gabriele
- der_kex
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- Vorname: Christian
danke Gabriele,
eigentlich ist die Doku noch nicht ganz fertig, denn ich habe noch Aufnahmen
von einer Winterlibelle in den verschiedenen Phasen der Eiablage. Das ist -
außer dass die Winterlibelle die Eiablage im Tandem vollzieht - genau gleich
bei Großer Königslibelle und Winterlibelle.
Die Weibchen suchen sich auf dem Wasser schwimmendes, aufgeweichtes
Pflanzensubstrat und stechen mit dem Legebohrer ein. In das gebohrte Loch
im weichen Pflanzenrest legt sie gleich anschließend ein einzelnes Ei (soweit
mir bekannt ist).
Die beiden Fühler an der Unterseite des Hinterleibsendes erspüren vorher
die Eignung des Untergrundes für das Einstechen (ob weich genug).
eigentlich ist die Doku noch nicht ganz fertig, denn ich habe noch Aufnahmen
von einer Winterlibelle in den verschiedenen Phasen der Eiablage. Das ist -
außer dass die Winterlibelle die Eiablage im Tandem vollzieht - genau gleich
bei Großer Königslibelle und Winterlibelle.
Die Weibchen suchen sich auf dem Wasser schwimmendes, aufgeweichtes
Pflanzensubstrat und stechen mit dem Legebohrer ein. In das gebohrte Loch
im weichen Pflanzenrest legt sie gleich anschließend ein einzelnes Ei (soweit
mir bekannt ist).
Die beiden Fühler an der Unterseite des Hinterleibsendes erspüren vorher
die Eignung des Untergrundes für das Einstechen (ob weich genug).
Liebe Grüße,
Christian
Christian
- Gabriele
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- Corela
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- Vorname: Conny
Hallo Christian,
und das können wir immer von der Terrasse aus beobachten
Das ist eine tolle Dokumentation sowohl in Wort als auch in Bild,
vielen herzlichen Dank.
und das können wir immer von der Terrasse aus beobachten

Das ist eine tolle Dokumentation sowohl in Wort als auch in Bild,
vielen herzlichen Dank.
lG
Conny
- hinfallen - aufstehen - Krönchen richten - weitergehen -
„Die Abende im Garten sind so schön, daß ich mich nicht entschließen konnte, mich an den Schreibtisch zu setzen“ – Max Liebermann, 1911.
Conny
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„Die Abende im Garten sind so schön, daß ich mich nicht entschließen konnte, mich an den Schreibtisch zu setzen“ – Max Liebermann, 1911.
- der_kex
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- Vorname: Christian
Gabriele hat geschrieben:Ich ... wusste auch nicht, dass sie
mit den Fühlern am Hinterleib sozusagen "Tasten" kann.
Viele Haare oder abstehende fadenartige Körperteile haben bei Libellen
die Eigenschaft, dass sie dem Tier ein "gefühlsmäßiges" Feedback geben
(also eine nervenmäßige Verknüpfung enthalten)
Sie haben ja keine Haut, mit der sie tasten können. Da halfen sie sich mit
diesen harrigen Teilen. Z. b. sind auch die Haare am Hinterkopf der Weibchen
dazu da (so nehme ich zumindest an), dass die Weibchen auch beim Paarungs-
rad im Klammergriff des Männchens ein gutes Gefühl haben können. Habe ich
zumindest mal gelesen.
Liebe Grüße,
Christian
Christian
- Gabriele
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- Registriert: 30. Mär 2012, 20:54 alle Bilder
- Vorname: Gabriele
Hallo Christian,
Tasthaare kenne ich natürlich aber wie du ja weißt, habe
ich erst vor kurzem angefangen mich intensiver mit Libellen
zu beschäftigen. Darum finde ich deine Infos super und
freue mich sehr darüber. Von mir aus kannst du solche
Dokus ruhig öfters machen
Und ich bin schon gespannt
welche Bilder zu hier noch anhängen wirst
LG Gabriele
Tasthaare kenne ich natürlich aber wie du ja weißt, habe
ich erst vor kurzem angefangen mich intensiver mit Libellen
zu beschäftigen. Darum finde ich deine Infos super und
freue mich sehr darüber. Von mir aus kannst du solche
Dokus ruhig öfters machen

welche Bilder zu hier noch anhängen wirst

LG Gabriele
- piper
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- Vorname: Ute
Hallo Christian,
Man was für eine Arbeit! Das die verschiedenen
Libellenarten zum Teil unterschiedliche Strategien
der Eiablage verwenden, war mir auch nicht so bewusst.
Das andere Männchen Paarungsräder attackieren,
habe ich auch schon beobachtet.
Eine beeindruckende Doku, die Du noch mit
qualitativ hochwertigen Bildern unterlegt hast.
Vielen Dank!
Man was für eine Arbeit! Das die verschiedenen
Libellenarten zum Teil unterschiedliche Strategien
der Eiablage verwenden, war mir auch nicht so bewusst.
Das andere Männchen Paarungsräder attackieren,
habe ich auch schon beobachtet.
Eine beeindruckende Doku, die Du noch mit
qualitativ hochwertigen Bildern unterlegt hast.
Vielen Dank!

Liebe Grüße Ute
Die Freude am Kleinen ist die schwierigste Freude, denn es gehört ein großes Herz dazu.
Rainer Maria Rilke
Die Freude am Kleinen ist die schwierigste Freude, denn es gehört ein großes Herz dazu.
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- der_kex
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- Vorname: Christian